SI OFFSITE | On Half a Tank of Gas | Suedostschweiz
Oct 18 2017
By Claudia Kock Marti
Für Judith Welter war es der erste Besuch in America’s Little Switzerland. Von der pulsierenden Metropole Chicago reiste sie letzte Woche ins ländliche 2000 Einwohner zählende New Glarus im Green County, Wisconsin. Zu ihrem Gepäck gehörte unter anderem ein kleines Originalkunstwerk, wie sie verrät: eine Kägi-fret-Hälfte aus Bronze, die zur Sammlung des Glarner Kunstvereins gehört.
Deren andere Hälfte hat die Glarner Künstlerin Sarah Burger im Rahmen der Klöntal Triennale 2014 irgendwo in den Karrenfeldern ob Silberen oder im Klöntalersee versenkt. Welter lacht: «Die Leute in New Glarus waren neugierig.» Auch wenn für die meisten von ihnen zeitgenössische Kunst noch weiter weg war, als sie für manche Glarnerin oder Glarner sein mag. Die erzählerische Arbeit über die beliebte Schweizer Schoggiwaffel von Sarah Burger gefiel ihnen.
«On Half a Tank of Gas»
Weil das Swiss Institute for Contemporary Art vorübergehend keine Ausstellungsräume in New York hat, ist die Idee entstanden, in New Glarus eine kleine Ausstellung mit dem Kunsthaus Glarus zu realisieren. Den Titel zur Ausstellung «On Half a Tank of Gas» fanden die Kuratoren aus New York und Glarus bei ihren Recherchen zum Ort im Swiss Historical Museum. «Den Werbespruch ‘Visit Switzerland – On Half a Tank of Gas’ (deutsch: ‘Besuch die Schweiz – mit einer halben Tankfüllung’) hat die Künstlerin Elda Schiesser während der Ölkrise für New Glarus kreiert», sagt Welter.
Wie der Kanton Glarus habe auch New Glarus einen wirtschaftlichen Wandel vollziehen müssen. An die Stelle der früheren Milchindustrie traten in New Glarus der Tourismus sowie die Bierproduktion. Was aus New Glarus einen lebendigen Ort mache, wie die Kunsthausdirektorin aus Glarus bei ihrem Besuch feststellte. «Das Dorf mit seiner interessanten Siedlergeschichte war voll mit Touristen, vor allem Senioren, aber auch einigen Besuchern aus der Schweiz.» Neben dem Besuch des Swiss Historical Museum und des Swiss Center of North America und den Swissness-Lokalen und Souvenirgeschäften haben ihr speziell auch einige kleine Spezialitätenläden gefallen, wie sie weiter erzählt.
Einheimische und Gäste hätten sich aber auch für die Kunst-Aktionen interessiert, die während drei Tagen an mehreren Orten stattfanden. Der leer stehende Raum einer ehemaligen Bank, das Citizens Bank Building, diente als Ausstellungsort, aber auch das Chalet of the Golden Fleece Museum, der New Glarus Village Park, das New Glarus Hotel oder der Aushang im Supermarkt.
Neben Sarah Burgers Kägi fret gab es Werke der Schweizer Künstler Lorenzo Bernet, Valentin Carron, Christian Forrer, Gianni Motti, Yannic Joray und Daniel Horn, Roman Signer sowie Miriam Laura Leonardi zu sehen. Letztere zeigte ihr in leer stehenden Glarner Industriebauten aufgenommenes Video. Selina Grüter und Michèle Graf wiederum, die auch schon im Kunsthaus Glarus vertreten waren, luden zu einer Tanzperformance ein. Aus den USA nahmen weiter Chadwick Rantanen und Bradley Kronz, beide aus Wisconsin, teil. Und aus New Glarus durfte Elda Schiesser mit einem ihrer Scherenschnitte nicht fehlen.
Ein Anfang ist gemacht
«Man muss im Kleinen anfangen», sagt Ausstellungsmacherin Judith Welter zufrieden. Auch wenn das Wetter bei der Feuerwerk-Installation von Lorenz Bernet nicht ganz mitgespielt habe. Mit einem kleinen Budget sei ein guter Anfang für einen weitergehenden Kulturaustausch gemacht worden. «Fortsetzung erwünscht.» Das hätten nicht nur die Verantwortlichen des Swiss Institute gefunden, sondern auch zahlreiche Leute vor Ort wie Beth Zurbuchen vom Swiss Center of North America, Bürgermeister Roger Truttmann oder auch Tony und Esther Zgraggen.